Äthiopien - Teil 3
Das Fest von Hida Zion in Axum
In Axum befindet sich die heiligste aller äthiopischen Kirchen, die Marienkirche. Die sonst eher beschauliche Kleinstadt platzt anlässlich des Hidar Zion aus allen Nähten.
In den Grünanlagen der Marienkirche haben unzählige Pilger ihre Zelte für das mehrtägige Fest aufgeschlagen. Prediger verkünden ihre Botschaften.
Fasziniert lauschen wir den charismatischen Reden. Wir verstehen kein einziges Wort der amharischen Sprache. Dennoch verstehen die Prediger eindrucksvoll ihre Botschaft zu vermitteln.
Die ganze Nacht hindurch umrunden Pilger betend und singend die Marienkirche. In ihren Händen halten sie eine kleine Wachsfackel. Alles wirkt sehr ruhig und feierlich.
Am nächsten Morgen gehen die Feierlichkeiten mit der großen Prozession weiter und es beginnt der Wettlauf um die besten Plätze.
Während sich die "Profis" einen Sitzplatz im Schatten eines großen Feigenbaums sichern, ziehen wir es vor, die Gepäckplattform von einem Reisebus zu besetzten.
Die große Prozession beginnt am Fuße der berühmten Stelen von Axum. Nach einer Zeremonie gehen die Priester, und mit ihnen die Pilger zum besagten Feigenbaum. Hier findet die große Abschlussfeier statt.
Ich kletterte von der Gepäckplattform hinab, um von Anfang an das Geschehen hautnah zu erleben. Das Problem war die inzwischen auf einige hunderttausend Pilger angewachsene Menschenmenge.
Wie sollte ich dort mitten hindurch bis "ganz nach vorn" kommen. In Deutschland / Europa hätte ich angesichts der Massen ein sehr beklemmendes Gefühl. Der Versuch, durchzukommen, wäre bereits nach 50 Zentimetern gescheitert.
Ich versuchte es dennoch. Jetzt geschah etwas ganz Ungewöhnliches. Meine leicht nach vorn gestreckte Hand bewirkte, dass sich sofort eine Gasse auftat. Mit gleichmäßigen Schritten, fast berührungsfrei gelang ich bis ganz nach vorn. Unglaublich!! Ich versuchte es erneut, änderte meine Richtung. Zuerst nach links, dann nach rechts, schließlich mitten hindurch, durch die geballt stehenden Menschen. Immer tat sich eine Gasse auf und gewährte freien Durchgang.
Moses! Ja - der streckte doch auch nur die Hand aus, dann teilten sich die Wasser des Roten Meeres.
Ich erinnerte mich an die Überlieferung, nach der die Bundeslade mit den 10 Geboten genau hier in Axum aufbewahrt sein soll. Die Legende besagt, dass König Menelik I, also der besagte Sohn der Königin von Saba und dem König Salomon, die Bundeslade von Jerusalem nach Axum gebracht habe. Sie wird jetzt in der Kathedrale der heiligen Maria von Zion aufbewahrt.
Schnell verwerfe ich die Gedanken an Moses wieder und suche nach einer plausibleren Erklärung. Als ich keine bessere Erklärung finde, akzeptiere ich die Moses-Variante und finde sie doch ganz sympathisch.
Schließlich bewegt sich die Schar der Pilger vom Ausgangsplatz bei den Stelen in Richtung des großen Feigenbaums.
Ich steige wieder auf die Gepäckplattform und betrachte das bunte Treiben von oben.
Erst am Nachmittag löst sich die Prozession langsam auf. Die Erinnerungen an das heute Erlebte bleibt aber noch lange erhalten.
Zwei Tage später befinden wir uns bereits auf dem Rückflug nach Deutschland. Die Gedanken sind bei den freundlichen Menschen und bei meinem Erlebnis mit "Moses".