Island, die „Feuerinsel“ am Polarkreis, ist schon immer ein Ziel von Forschungsvorhaben und von Naturwissenschaftlern aus aller Welt gewesen. Die größte Vulkaninsel der Erde zeigt anschaulich die verschiedenen Naturgewalten, die das ungewöhnliche Landschaftsbild prägen: tief ins Land eingreifende Fjorde, farbenprächtige Seen, schmelzwassergespeiste Flüsse mit ihren gewaltigen Wasserfällen, Gletscher, Vulkane und Geysire.
Island ist Teil des Mittelatlantischen Rückens, der sich an dieser Stelle über den Meeresspiegel erhebt. Hier besteht die Möglichkeit, die Entstehung von Vulkanen hautnah zu beobachten. Mit einer Magmenproduktion von 0,24 km³/Jahr gehört Island weltweit den ergiebigsten „hot spots“, die von einem ozeanischen Rücken überfahren werden. Neben dem Vulkanismus prägen gewaltige Gletscher mit Moränen und großflächige Sander sowie wasserreiche Flüsse mit eindrucksvollen Wasserfällen das Landschaftsbild. Der Mensch hat sich seit der Besiedlung Islands vor mehr als 1000 Jahren der Natur anpassen müssen und nutzt in den letzten Jahrzehnten die natürlichen Ressourcen immer besser zu seinem Vorteil. Besonders bemerkenswerte Beispiele sind die Nutzung der Geothermie und Wasserkraft, aber auch der fischreichen Meeresgebiete rund um die Insel. Die unterschiedlichen, eindrucksvollen Landschaftstypen mit ihrer nordisch geprägten Fauna und Flora dienen in steigendem Maße auch dem Tourismus. Nur ein sorgsamer, nachhaltiger Umgang mit der sensiblen Natur und den Ressourcen wird gewährleisten, dass dieses einmalige Geo- und Biotop mit seiner beeindruckenden landschaftlichen Schönheit und Vielfalt nicht beschädigt wird.
Mit einer Gesamtfläche von ca. 103.100 km² ist Island eine der größeren Inseln Europas. Die Küstenlinie beträgt ca. 5000 km. Island liegt mitten im Nordatlantik und ist etwa 300 km von Grönland und ca. 1000 km von Norwegen entfernt. Während die Vulkaninsel aufgrund ihrer besonderen geologischen Position sowohl Nordamerika als auch Europa zuzurechnen ist, gehört sie politisch zu Europa und geografisch zu Nordamerika. Flora und Fauna sowie die Herkunft der Bevölkerung belegen einen deutlichen europäischen Einfluss. Das Land ist das am dünnsten besiedelte in Europa. Über 60 % der Isländer wohnen im Großraum Reykjavík. Ansonsten konzentriert sich die Bevölkerung auf die größeren Städte und Orte im Küstenbereich. Bis auf wenige Bereiche der Insel, befindet sich aufgrund der besonderen geographischen Position die Siedlungsgrenze bei etwa 200 m über dem Meeresspiegel. Das auf Island herrschende Klima ist eine hochozeanische Variante des Polarklimas. Trotz der Lage nahe dem Polarkreis zeichnet es sich daher durch feuchte aber nicht sehr kalte Winter und relativ milde Sommer aus. Das Klima wird durch den Wechsel zwischen Luftmassen tropischer und arktischer Herkunft, von arktischem Treibeis an der Nordküste sowie vom Golfstrom bestimmt.
Entstehung Islands – Vulkanismus
Vor etwa 60 Millionen Jahren öffnete sich der Nordatlantik in Ost-West-Richtung. Die Nord- bzw. Südamerikanische Platte, die Eurasische und die Afrikanische Platte begannen sich entlang der divergierenden Plattenränder um 1 cm pro Jahr in jede Richtung auseinander zu bewegen. An dieser Riftzone wird beständig neuer basaltischer Ozeanboden geschaffen. Der Mittelatlantische Rücken erstreckt sich von Island bis zu den Basalt-Inseln und ist zwischen 1500 m und 3000 m hoch. Entlang dieser tektonischen Naht haben sich an verschiedenen Stellen Inseln aus dem Meer gehoben, z. B. die Azoren, Ascension, St. Helena, Jan Mayen und eben auch Island.
Island als größte dieser Inseln unterscheidet sich von den anderen dadurch, dass der aktive Rücken hier über dem Meeresspiegel verläuft, während die anderen Inseln lediglich kleine, einzelne vulkanische Erhe bungen des Rückens sind, die außerdem oft nicht mehr auf einem aktiven Teil liegen.
Island verdankt seine Existenz aber nicht nur der Spreizung des Ozeanbodens (Seafloor-Spreading), sondern auch dem sogenannten Mantle Plume (Manteldiapier). Mantle Plumes transportieren heißes, ungeschmolzenes Material aus dem Erdinneren an die Oberfläche. Es sind eng begrenzte ortsfeste Strahle, die ihren Ursprung meist im unteren Mantel haben. Die ursprüngliche Position lag unterhalb des Grönlandschildes. Aufgrund der plattentektonischen Entwicklung verlagerte sie sich, so dass die neue Position nun unterhalb Islands am Mittelatlantischen Rücken platziert ist. Diese rückenzentrierte Lage des Iceland-Plumes ist einmalig auf der Welt. Die Magma-Produktion erfolgt periodisch alle 5 - 10 Millionen Jahre. Das Alter der Insel wird wegen der auf Island gefunden Thule Basalte, die auch auf Grönland und den Farör-Inseln zu finden sind, auf ca. 20 Millionen Jahre datiert. Der Mantle Plume liegt vermutlich östlich der Spaltenzone etwa unterhalb des Vatnajökull. Durch das beständige Auseinanderdriften der Nordamerikanischen und Eurasischen Platte wird Magma an die Erdoberfläche befördert und tritt in Form von Lava an dem sogenannten Zentralisländischen Graben an der Erdoberfläche aus. Dieser Zentralisländische Graben zieht sich in Südwest-Nordost-Richtung quer durch die Insel. Daher sind die Gesteine in den äußeren Zonen Islands älter als die im Zentralteil.
In den letzten 10.000 Jahren förderten etwa 100 Vulkane, die sich in der vulkanisch aktiven Zone von der Reykjanes Halbinsel durch das Hochland bis zum Myvatan-Gebiet im Nord-Osten erstreckt, magmatisches Material an die Erdoberfläche.
Die aktivsten Vulkane sind Hekla, Katla, Grimsvötn und Krafla. Insgesamt sind 10.000 km² der Oberfläche des Landes von Lava bedeckt. In der vulkanisch aktiven Zone finden sich neben Vulkanen auch noch andere Formen, die auf geologische Aktivität hinweisen. Zu ihnen zählen Fumarolen, Solfatare und Geysire. Der Ausbruch des Vulkans Eyjafjallajökull (unter dem gleichnamigen Gletscher) im Jahr 2010 belegt eindeutig die Aktivität Islands. Diese Ereignisse zeigen, dass nicht nur die Natur, sondern auch die Menschen großräumig beeinflussbar sind. Durch den letzten Ausbruch wurde z. B. das Transportwesen in Europa und in der Folge die Wirtschaft im erheblichen Umfang in Mitleidenschaft gezogen.
Gletscher
Etwa 10 % der Oberfläche Islands sind von Gletschereis bedeckt. Davon macht das Eis des Vatnajökull 70 % aus. Insgesamt besteht dieser Gletscher aus einer Eismasse, die über Island verteilt eine Mächtigkeit von 3 bis 4 Meter hätte. In den letzten 100 Jahren verlor dieser mehr als 10 % seines Volumens. Weitere Gletscher sind der Langjökull mit 953 km², der Hofsjökull sowie der Mýrdalsjökull. Diese mächtigen Eisplateaus liegen ausschließlich im südlichen Teil der Insel. Die Verteilung der Gletscher ist die Folge der atmosphärischen Westwindzirkulation und Ergebnis der Meeresströmungen.
Die anstehenden Gesteine Islands sind wenig erosionsbeständig. Davon zeugen die ausgedehnten Sanderflächen vor den großen Gletschern. Die Gletscherflüsse mit stark ihren schwankenden Wasserständen sind bräunlich und trübe durch den Transport von Gesteinsmehl und Lehm. Während der Abflussmaxima im Juli und August führen diese auch Geröll mit sich. Der über 200 m lange Hauptabfluss des Vatnajökull, der Jökulsá á Fjöllum („Der Gletscherfluss aus den Bergen“), entspringt am Nordrand des Gletschers und transportiert zur Zeit der Hauptschmelze 120.000 t Verwitterungsprodukte Richtung Atlantik. Einer seiner impo santesten Wasser fälle, der größte Europas, ist der Dettifoss. Etwa 200 m3/s Wasser stürzen auf rund 100 m Breite 44 m in die Tiefe.
Seen, Flüsse und Wasserfälle
Es gibt drei mögliche Bildungsformen für die Seen auf Island: 1. Ein Lava strom quert einen Flusslauf und staut diesen. 2. Schmelzwasseransammlung in natürlichen Senken und 3. die Wasseransammlung in Calderen.
Die vier größten Seen sind der þingvallavatn (85 km²), þórisvatn (82 km²), Lögurinn (52 km²) und der Mývatn (38 km²). Islands Flüsse werden in den seltensten Fällen durch Quellen gespeist. Man unterscheidet bei den Flüssen auf Island drei Grundarten: die Quellflüsse (Hvítá im Borgarfjörður), Gletscherflüsse (Skeiðará) und die Flüsse, die das Wasser anderer Bäche und Flüsse aufnehmen (Norðurá im Borgarfjörður). Besonders starke Erosionskraft haben die Gletscherflüsse. So transportierte die Skeiðará bei dem bekannten Gletscherlauf 1996 auch riesige Mengen an Geröll und verschob die Küstenlinie hinaus ins Meer. Flüsse tragen somit nicht nur ab, sie bauen auch auf. Die drei längsten Flüsse Islands sind: þjórsá (Länge von 230 km), Jökulsá á Fjöllum (Länge von 206 km) und Skjálfandafljót (Länge von 185 km).
Wasserfälle entstehen durch tektonische Aktivitäten, wenn sich ein Höhenunterschied im Flusslauf einstellt (z. B. Skógafoss) oder wenn durch unterschiedlich starke Erosion verschiedener Gesteine Höhenstufen ausgebildet werden, die ein Fluss überwinden muss (z.B. Dettifoss). Weitere Bildungsmöglichkeiten sind glazial (Hengifoss) und vulkanisch (Goðafoss) bedingt.
Energiegewinnung
Das Vorkommen nutzbarer natürlicher Energiequellen, wie z.B. Erdwärme, Wasser, Wind, Heißwasser und Dampf sind aber im Überfluss verfügbar. Geothermie ist die wichtigste Primärenergiequelle (> 50 %) neben Wasserkraft (~ 17 %), Öl (~ 27 %) und Kohle (~ 3 %). Die fossilen Brennstoffe werden importiert. Diese „heimischen“ Energieformen zählen zu den erneuerbaren Energien, sind also besonders umweltfreundlich, ressourcenschonend und kostengünstig. So kommt es, dass die Isländer den weltweit höchsten Energieverbrauch haben. Die Unternehmen dieser Branche können ihre Energie zwar nicht exportieren, aber sie machen den Standort Island für jene Industrien attraktiv, die aufgrund ihrer Produktion einen hohen Energiebedarf haben. Es sind in der Vergangenheit auch Planungen durchgeführt worden, um den Export des umweltschonend gewonnen Stroms via Seekabel nach Schottland zu realisieren und an die europäische Stromversorgung anschließen.
Den größten Teil der Energieerzeugung auf Island leistet die Wasserkraft. Flüsse, Wasserfälle und auch Seen bieten ein riesiges Reservoire an Kapazitäten, welche nur zu einem Bruchteil ausgeschöpft werden. Etwa 6,4 Mrd kWh Strom werden auf diese Weise jährlich erzeugt. Auch hier liegen die Kosten der Elektrizitätsgewinnung äußerst niedrig. Mehr als 30 große Wasserkraftwerke befinden sich im Süden Islands, darüber hinaus gibt es noch Hunderte von kleineren privater oder firmeneigener Energieerzeugern.
Geothermale Energie wird aus Niedrig- und Hochtemperaturfeldern gewonnen. Die bedeutsamsten geothermalen Kraftwerke in Island decken etwa 25% (2008) des Bedarfs an Elektroenergie des Landes und liefern außerdem noch die geothermale Wärme für Heizung und Warmwasser für ca. 90 % aller isländischen Haushalte. So wird z. B. seit 1930 Reykjavik mit Fernwärme versorgt. Die bedeutsamsten Gebiete liegen auf der Halbinsel Reykjanes im Südwesten Islands (Svartsengiund Reykjanes-Kraftwerk), dem Zentralvulkans Hengill (Nesjavellirund Hellisheiði-Kraftwerk) und im Mývatn (Krafla-Kraftwerk). In Island gibt es weit über 100 Schwimmbäder, die ganzjährig geöffnet sind. Das Frischwasser wird mit geothermalem Wasser angewärmt. Meist sind es Freibäder, da warmes Wasser fasst kostenlos in jeder Menge zur Verfügung steht. Das größte Schwimmbad befindet sich im Laugardalur (Tal der warmen Quellen), im Osten des Zentrums von Reykjavik. Da es im Winter immer Frost gibt und viel Schnee liegt, hat man unter 350.000 m2 Bürgersteigen und Parkplätzen ein Rohrsystem verlegt, durch das 35 °C heißes Wasser fließt. Allein in Reykjavik wird so eine Fläche von 250.000 m2 beheizt. Ein Gemisch aus 2/3 gebrauchtem Wasser aus den Haushalten und 1/3 frischem 80° C heißem Wasser bringt den Schnee auf den Straßen und Plätzen zum Schmelzen. Geothermale Energie wird natürlich auch für industrielle Zwecke genutzt, z. B. werden seit 1924 die Gewächshäuser damit beheizt. Davor wurde der warme Boden aber auch schon für den Gemüseanbau genutzt. Heute ist eine Fläche von rund 183.000 m2 unter Glas und wird zu gleichen Teilen für den Obst- und Gemüseanbau und Zierpflanzen genutzt. Die Gewächshäuser sind hauptsächlich im Süden der Insel verbreitet. Die Stadt Hveragerdi im Südosten Reykjaviks ist ein Zentrum für den Landbau in Gewächshäusern.
In den 80er Jahren hat die Fischindustrie einen regelrechten Boom erlebt und die Zahl der Betriebe stieg erheblich. Heute gibt es aber nur noch etwa 50 Betriebe, in denen hauptsächlich Lachse und Forellen gezüchtet werden. Das durchschnittlich 5° C kalte Fluß- oder Meerwasser wird mit geothermalem Wasser auf etwa 12° C erwärmt, da sich bei dieser Temperatur die Fische besser entwickeln. Der Dampf wird dann für die Trockenfischherstellung genutzt. In den nordischen Ländern ist er traditionell eine beliebte Speise.
Wichtig ist auch die Kieselgurherstellung in Kisilidjan. Diese Fabrik ist eine der weltweit größten Nutzer von geothermalem Dampf. Seit 1967 wird diatomeenhaltige Erde vom Grund des Myvatn gefördert und danach gereinigt. Für die folgende Trocknung wird Dampf verwendet, der aus dem nahe liegenden Namafjall Hochtemperaturfeld kommt. Das Endprodukt Kieselgur hat eine ausgezeichnete Filterwirkung und wird beispielsweise in der Dynamitherstellung eingesetzt. Aber auch bei so alltäglichen Dingen, wie Streichhölzer, Autoreifen.
Es gibt noch weitere Industriezweige in denen geothermale Energie unverzichtbar ist: z. B. bei der Salzherstellung aus Meerwasser, für die Trocknung von Seetang und Holz, bei der Trockeneisherstellung und in der Aluminiumproduktion.
Nationalparks
In Island gibt es drei ausgewiesene Nationalparks. Um diese einmaligen Ökosysteme zu schützen und für die jetzige und künftige Generationen zu erhalten, werden große Anstrengungen unternommen. In diesen aus gewiesenen Bereichen soll eine Ausbeutung und Schädigung durch menschliche Eingriffe verhindert werden, um eine Basis für die Forschung, Schulung, Erholung und Besichtigung zur Verfügung zu stellen. Folgende Flächen sind unter Schutz gestellt:
1. Snæfellsjökull-Nationalpark (17.000 ha) – Westisland
2. Vatnajökull-Nationalpark (1.200.000 ha) – Südisland bis Nordisland; (ist der größte Nationalpark Europas); er umfasst die Gebiete des gesamten Gletschers Vatnajökull, des Skaftafell -National parks und des Jökulsárgljúfur-Nationalpark
3. Þingvellir-Nationalpark (5000 ha) – Südwestisland
Herausgeber:
Dipl.-Ing. Peter Funk NWZ Norddeutschen Wasserzentrums Peine:
Untere Wasserbehörde, c/o Landkreis Peine, Burgstraße 1 · 31224 Peine
Prof. Dr.-Ing. G. Meon Technische Universität Braunschweig
Leichtweiß-Institut für Wasserbau Abteilung Hydrologie,
Wasserwirtschaft und Gewässerschutz
Beethovenstraße 51a · 38106 Braunschweig
Texte: Dr. Antje Carstensen
Anlässlich des Grundwasserkolloquiums am 23. und 24. Februar 2011
Layout und Fotos: Susanna Diegner und K.-P. Schleicher
Litho und Satz: F & S Satz und Montage GmbH
Published by Siegbert Linnemann Verlag, Münster